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Rennsteiglauf (aktualisiert am 24.05.2016)

Weiter unten der beeindruckende Erfahrungsbericht von Hardy Wolf

Am Samstag fand der 44. Rennsteiglauf im Thüringer Wald statt, der größte Crosslauf Europas. Auf unterschiedlichen Distanzen laufen die Teilnehmer von Oberhof (Halbmarathon), Neuhaus (Marathon) oder Eisenach (Supermarathon) ins schönste Ziel der Welt nach Schmiedefeld.

Vom ATS Buntentor lief Hardy Wolf seine Premiere auf der 72,7 km langen Supermarathondistanz und finishte in 9:06:23 h. Die Marathondistanz nahm Lars Lüdemann unter die Füße und war nach 4:09:39 h im Ziel. Beim 3. Start über die Marathondistanz oder mehr innerhalb von nur fünf Wochen war einfach nicht mehr drin. Aber es hat wieder sehr viel Spaß gemacht.
Stefan Rohde startete beim Halbmarathon und lief nach 2:42:19 h in Schmiedefeld ein. Mit uns am Rennsteig unterwegs war unser ehemalige Vereinskamerad Sascha Gärtner und erreichte kurz nach Hardy das Ziel in 9:23:02 h. Allen Strapazen zum Trotz wurde am Abend im Festzelt auf dem Sportgelände noch kräftig gefeiert.

Und so sah es Hardy:

Im August 2015 entschloss ich mich dazu den Supermarathon über 72,7 km beim Rennsteiglauf im Thüringer Wald das erste Mal zu laufen. Die Veranstaltung sollte am 21.05.16 stattfinden, also genug Zeit für eine ausführliche Vorbereitung. Aber wie bereitet man sich darauf vor? Gibt es Trainingspläne im Internet? Ja, aber………..

Der erste Plan hatte für meinen Geschmack zu viele Trainingskilometer pro Woche, während der zweite sehr wenige lange Läufe aufwies, dafür dann aber auch richtig harte Einheiten.

Also einfach alles vermischen, mehr trainieren als vor einem Marathon, Tempotraining ganz streichen und nur an vier Tagen in der Woche laufen, um ausreichend und altersgerecht zu regenerieren.

Nachdem ich im Sommer das Lauftraining reduziert hatte und mehr auf dem Rennrad saß, stieg ich Mitte September wieder richtig ein. Die Crosslaufserie Syke-Weyhe im Herbst tat dabei sehr gut. Es ging voran.

Der Umfang wurde in den Monaten Januar, Februar und März weiter gesteigert. Im April war ein einsamer Trainingsmarathon geplant, eine Verletzung unseres Vereinskameraden Tim Krüger führte aber dazu, dass ich seinen Startplatz kurzfristig übernehmen durfte und so lief ich nicht alleine durch das Blockland, sondern mit etwa 16.000 anderen Läufern und Läuferinnen über die Reeperbahn und an der Alster.

Um eine längere Regenerationspause zu vermeiden, bremste ich mich auf eine Km-Schnitt von 6:30 ein. Das war rückblickend genau richtig. Die Form verbesserte sich und ich konnte an den folgenden Sonntagen weitere langsame Dauerläufe um die 36 km durchführen.

Am 3. Mai waren alle längeren Einheiten absolviert. Nun kamen andere Fragen auf:

Wie viele Kalorien verbrauche ich? 5.000? Was werde ich alles essen müssen, um keinen Hungerast zu erleiden?

Was werden die Füße zu einer prognostizierten Laufdauer von 9-10 Stunden sagen? Werden sie so brennen, dass ich zwischendurch ein kühles Fußbad im Bach benötige? Gibt es Blasen?

Was spielt sich im Kopf ab? Länger als 5:47 Stunden und 51 km bei der Harzquerung war ich bis jetzt noch nie gelaufen.

Kann man die Zeit überhaupt vorausberechnen? Schließlich sind auch noch 1.900 Höhenmeter zu bewältigen. Ich weiß als Rookie gar nicht was in der zweiten Hälfte des Laufes so alles passieren kann.

Alles halb so wild. Fast alles……..

Aber dazu später.

Freitag, 20.05.16

Lars und Stefan holen mich um 09.50 Uhr ab. Lars hat sich in diesem Jahr als Fahrer zur Verfügung gestellt. Vielen Dank noch einmal, Lars!

Um 13.30 Uhr erreichen wir Eisenach, den Startort des Supermarathons. Außerdem sind wir mit Sascha Gärtner verabredet. Der hat morgens sein Auto schon in Stützerbach an einer von uns angemieteten FeWo abgestellt und den Schlüssel in Empfang genommen. Diesen übergibt er jetzt an Lars und Stefan. Stützerbach liegt in der Nähe des Zielortes Schmiedefeld.

In der FeWo übernachten am Freitag jedoch nur Lars und Stefan, die von dort ihre Startorte in Neuhaus am Rennweg (Marathon) und Oberhof (Halbmarathon) besser erreichen können.

Sascha und ich fahren nach Abholung der Startunterlagen mit dem Zug weiter nach Fröttstädt. Das liegt nur etwa 23 km von Eisenach entfernt. Dort hat Sascha im Internet einen Islandpferdehof nebst Pension entdeckt, der von einem am Supermarathon teilnehmenden Ultraläufer und seiner Ehefrau geführt wird.

Am Abend gibt es eine Nudelparty. Es sind noch weitere Läuferinnen und Läufer aus der Ultramarathonszene anwesend. Es ist klüger sich nicht mit seinen bisherigen Lauferlebnissen in den Vordergrund zu spielen, handelt es sich bei unseren Tischnachbarn doch um 24- bzw. 48-Stunden-Läufer, die größtenteils auch schon am Spartathlon, der Weltmeisterschaft der Ultraläufer, teilgenommen haben.  Näheres hierzu bei Interesse nach einem Mittwochstraining am Stammtisch.

Wir begeben uns zur Nachtruhe und können glücklicherweise schon um 23.00 Uhr schlafen.

Samstag, 21.05.16

Der Wecker klingelt um 03.55 Uhr. Frühstück soll es ab 04.00 Uhr geben. Es riecht komischerweise auf dem Gang noch nicht nach Kaffee. 04.10 Uhr – hektische Betriebsamkeit im Frühstücksraum. Die Wirtsleute haben nach über 20 Jahren das erste Mal vor dem Rennsteiglauf verschlafen. Jeder hilft bei den Vorbereitungen ein bisschen mit und so sitzen wir relativ entspannt um 04.25 Uhr bei Kaffee, Saft und Aufbackbrötchen mit Wurst und Käse beisammen. Ich verdrücke drei Brötchen in 10 Minuten. Wenn es beim Laufen auch so schnell geht……..

05.00 Uhr: Abfahrt nach Eisenach

05.30 Uhr: Ankunft auf dem Marktplatz am Start. Etwa 2.250 Teilnehmer, aber relative Ruhe. Gespannte Stimmung. Sven Dackow treffen wir nicht. Er musste leider kurzfristig absagen.

06.00 Uhr: Startschuss, 12 Grad jetzt schon, heiter. Das kann ja heiter, ähh heiß werden.

Wir laufen in kurzen Sachen, nur mit den nötigsten Dingen (Gel, Mineralien, Geld, Schlüssel) ausgestattet. Sascha hat zudem sein Smartphone dabei und gibt später Wasserstandmeldungen an Lars ab.

1000 Meter durch die Stadt, dann biegen wir rechts ab und der Anstieg beginnt. Auf den ersten 25 km bis zum Großen Inselsberg sind 700 Meter Höhenunterschied zu bewältigen. Bei einigen Gegenanstiegen sind somit im ersten Drittel bereits etwa 900 HM absolviert. Der Tipp der erfahrenen Ultraläufer: Versuche nicht unter drei Stunden über den Inselsberg zu rennen. Du wirst es später bitter bereuen!

Faszinierend! Fast alle Läuferinnen und Läufer fangen bei den Anstiegen gleichzeitig an zu gehen, egal welche Steigungsprozente gerade anliegen. Gut so, die anderen kochen also auch nur mit Wasser, egal ob auf dem Laufshirt ein respekteinflößendes „Rennsteig Non-Stopp 238 km“ oder „100 Kilometer von Biel“ prangt.

KM 25,1 – Großer Inselsberg (915 m). Ich erreiche den Gipfel nach 3:05 Stunden, habe mich an die Empfehlungen gehalten und fühle mich frisch. Sascha folgt zwei Minuten später.

Kurz die herrliche Aussicht bei strahlendem Sonnenschein genießen. Dann geht es bergab. Das ist kein Gewinn. Es ist zu steil und erinnert mich an die ersten Kilometer beim Hermannslauf.

Ein Pärchen überholt mich. Sie trägt Sandalen und stinknormale Socken. Erstaunen - Wie macht sie das nur?

KM 33,1 – Verpflegungspunkt Possenröder Kreuz. Ich verpflege mich und will weiterlaufen, da kommt Sascha zum VP. Kurzes Abklatschen, dann laufe ich weiter. Jeder muss sein eigenes Tempo finden.

KM 36,9 – Verpflegungspunkt Ebertswiese. Hier gibt es ein großes Angebot an Speisen und Getränken. Wasser, Cola, Apfelschorle, Tee, Iso, Früchte, Müsliriegel, Haferschleim, Brühe, Schmalzbrot und Wiener Würstchen. Ich habe noch keinen großen Hunger und greife zu meinem dritten und letzten Gel. Kommt Sascha noch rein? Nein. Ich laufe weiter. Ein Blick auf die Uhr. 4:25 Stunden – hochgerechnet würde das für unter 9 Stunden gerade reichen und die zweite Hälfte ist leichter. Würde reichen…………….

KM 50 – 6:02 Stunden. Bin ich schon so lange unterwegs? Ich habe keine Schmerzen, der Kopf ist frei. Die vielen Zuschauer, die schon seit um 06.00 Uhr morgens an der Strecke stehen und jedem Einzelnen applaudieren, motivieren mich zusätzlich. Und der artige Läufer grüßt und bedankt sich bei allen.

„So viele Freunde am Wegesrand stehen, in Schmiedefeld das Wiedersehn“ heißt es doch im Rennsteiglauflied.

KM 54 – Oberhof Grenzadler – 6:33 Stunden. Ich habe 31 Minuten für 4 km benötigt. Geht es jetzt bergab mit der Leistung? Auf dem Parkplatz steht der Bus, der die Aussteiger nach Schmiedefeld bringt. Irgendjemand sitzt darin. Ich schaue schnell weg, greife mir am VP zwei Toast mit Nutella und verschwinde im Wald. Ein weiterer Läufer mit leichtem Schuhwerk überholt mich. Träume ich? Fata Morgana im Wald? Dehydrierung? Der Kerl trägt Flip-Flops, die am Hacken zumindest noch eine kleine Bindung haben. Die Schaumstoffsohlen können maximal 1 cm dick sein. Trotzdem scheint er über den mit zahlreichen kleinen und spitzen Steinchen gespickten Pfad zu schweben. Vor lauter Respekt drücke ich über die nächste Welle und überhole einige Mitläufer. Als es abwärts geht sind die ersten Schmerzen in der vorderen Oberschenkelmuskulatur da. War klar, dass das kommen würde.

KM 61 – Großer Beerberg – 974 Meter – höchster Punkt der Strecke. Die Aussicht nach Norden bis an den Rand des Harzes ist toll. Meine Zwischenzeit? Vergessen.

KM 64 – VP Schmücke. Es gibt auch Köstritzer Schwarzbier. Doch danach steht mir nicht der Sinn. Ich habe einen Tiefpunkt. Nutella-Toasts helfen da besser. 7:54 Stunden.

KM 65 – Genau 8 Stunden. Noch eine Stunde Zeit für „nur“ 7,7 km. Das muss doch irgendwie gehen. Los jetzt. Die nächste Steigung. Kann man das überhaupt eine Steigung nennen oder hat dort nur jemand auf einem 500 Meter langen Flachstück eine Zeitung hingelegt? Ich muss trotzdem gehen. Jetzt geht nicht mehr viel.

KM 70 – Auf dieses KM-Schild hatte ich mich so gefreut, es ist aber vermutlich das Opfer eines Souvenirjägers geworden. Dafür sieht man im Tal den Zielort Schmiedefeld. Musik vom Sportplatz erfreut meine Ohren. Kurzzeitige Euphorie, dann geht es bergab. Hilft mir leider nichts. Die Oberschenkel machen nicht mehr mit. Ich muss abwechselnd 100 Meter gehen und 100 Meter laufen.

KM 72 – Ortseingang. Die Zuschauer feuern uns an. Die letzten 700 Meter laufe ich durch. Lars jubelt mir zu. 9:06:23 Stunden. Welchen Schnitt habe ich für die 7,7 km jetzt hingelegt? Ich kann nicht mehr rechnen.

Sascha kommt kurze Zeit später und hat mit 9:23:02 eine persönliche Bestzeit erreicht.

Medaillen empfangen, Finisher-Shirt und Kleiderbeutel abholen, dann eine heiße Dusche und ein Köstritzer.

Stefan ist jetzt auch zurück aus der FeWo. Er hat den Halbmarathon in 2:42:19 bewältigt. Lars, der in den Wochen zuvor bereits den Kieler Hochbrückenlauf, den HH-Marathon und die Harzquerung erfolgreich bestritten hatte, schafft auch noch diesen Marathon in hervorragenden 4:09:39.

16.30 Uhr – Wir begeben uns ins Festzelt. Um 17.40 Uhr startet die beste Fete des Jahres und lässt uns bis 23.00 Uhr auf den Bänken stehen. Von Müdigkeit keine Spur mehr. Die Läuferschar feiert sich selbst und die vielen anderen Läuferinnen und Läufer. 16.412 sind letztendlich auf die Strecken gegangen. Der Moderator „Hans im Glück“ gibt wie in jedem Jahr sein Bestes. Wir singen mehrmals das Rennsteiglied, das Rennsteiglauflied und andere Volkslieder und Schlager. Den Schneewalzer nicht zu vergessen! Die Teilnehmer der einzelnen Strecken werden gefeiert, egal ob 18-km-Wanderung oder Supermarathon. Dann das Bundesländerranking. Bremen noch vor dem Saarland auf Platz 15. Die Speckflagge kommt zum Einsatz, Hans begrüßt und das ganze Festzelt feiert uns. Hier ist es immer so schön. Und man sieht und hört nur nette Leute. Wir kommen nächstes Jahr wieder!!!

Fazit: Die vordere Oberschenkelmuskulatur muss im nächsten Jahr durch Krafttraining zusätzlich gestärkt werden. Da hatten die erfahrenen Ultraläufer nach hinten heraus doch mehr zu bieten.

Die Belastung für das Herz-Kreislauf-System empfand ich für nicht so hoch wie bei einem schnell gelaufenen Stadtmarathon. Der normale Ruhepuls war viel schneller wieder hergestellt. Die lange Laufzeit bereitete mental überhaupt keine Probleme. Es war so abwechslungsreich und die Zeit verging so schnell – viel zu schnell.

Vielleicht hat ja jemand Lust uns im nächsten Jahr zu begleiten………….

Hardy

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Sporthaus Kornstraße 157
Neustadt - 28201 Bremen

Vereinsheim und Sportplatz
Weg zum Krähenberg 1 - 28201 Bremen