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Ein Nordlicht in den Rhône-Alpen (10.07.2022)

Carsten Hülss wird fünfter und holt Mannschafts-Bronze bei der Masters Europameisterschaft im Berglauf. Was sucht ein norddeutscher Flachlandläufer bei der Masters Europameisterschaft im Berglauf?

Die Frage wird sich vermutlich jeder stellen, der diesen Artikel mit der Überschrift liest. Aber vielleicht kurz von der Idee zur Umsetzung. Bei der Wettkampfplanung im Januar stieß ich durch Zufall auf die Ausschreibung. In La Féclaz, in den französischen Alpen, sollte diese Meisterschaft stattfinden. Durch meinen Erfolg bei den deutschen Berglaufmeisterschaften 2019 und der Freude in den Alpen auch gerne Steigungen zu laufen, war die Idee geboren. Aber muss es gleich eine EM sein? Auf internationaler Wettkampfebene war das für mich komplettes Neuland. Die Meldung im Februar stellte sich als einfacher heraus als gedacht. Auch die Startgebühren waren im Vergleich zu regionalen Veranstaltungen recht günstig. Die Vorbereitung ab März lief zwar gut, aber leider nicht ganz wie gewünscht. Im Trainingslager auf Texel konnten nicht die gewünschten Kilometer gelaufen werden. Deshalb musste die höchste Erhebung in unserer Region als Trainingsstrecke herhalten, auch wenn diese nur 56 Höhenmeter hergibt. O.k. Bergaufläufe über 1000 Meter waren dort durchaus möglich. Aber mehr war nicht drin. Der endgültige Entschluss zur Teilnahme fiel erst bei der tatsächlichen Abfahrt morgens um 3:30 Uhr. Eine Strecke von 1100 Kilometern ist auch nicht mal eben zurückgelegt.

Nach 12 Stunden Autofahrt begrüßte mich ein Skiort im Sommer. Ich konnte zum Glück ein paar Tage vorher anreisen und die Stille der Berge auf 1300 Metern zur Einstimmung und Höhenanpassung nutzen. Denn was ist in einem Skiort im Sommer los? Genau, nichts! Von der bevorstehenden EM zeugten nur ein paar Plakate, die die Veranstaltung ankündigten. Ansonsten gab es einen kleinen Supermarkt, ein paar Restaurants und die angeblich größte Biathlon Trainingsanlage in Europa.

Am Donnerstag wachte dann, in Vorbereitung auf die EM, der Ort richtig auf. Spätestens am Freitag mit der Präsentation der nationalen Teams kam dann echtes EM-Feeling auf. Mittlerweile hatte sich auch ein Betreuer vom DLV gemeldet. Deutschland war mit gut 20 Athleten vertreten. Und ich als kleines Nordlicht war plötzlich Mitglied der Nationalmannschaft.

Neben dem Berglauf fand auch der 40 Kilometer Traillauf statt. Beide Strecken waren bis Donnerstagabend nicht veröffentlicht worden, da ein Großteil der Strecke durch nicht zugängliche Naturschutzgebiete oder bewirtschaftete Almwiesen führen sollte. Nur die letzten 1,3 Kilometer konnten erkundet werden. Mit weit über 20% Steigung sollte es eine Skipiste auf mehr als 1500 Höhenmeter hochgehen. Der Start sollte in einem der Nachbarorte mit deutlich weniger Höhenmetern stattfinden.

So fand ich mich am Freitag um 13:00 Uhr bei der Busstation ein. Insgesamt gab es 7 Busse, um die Teilnehmer zum Start zu bringen. Schon ein komisches Gefühl, wenn man an Corona denkt. Dabei waren wir Deutschen fast die Einzigen, die eine Maske getragen haben. Beim Transfer wurde mir erst richtig bewusst, worauf ich mich eingelassen hatte. Nach einer 20-minütigen Busfahrt, die nur bergab ging, kamen wir am Startort an. Jetzt zeigte meine Uhr nur noch knapp 800 Höhenmeter. Die Startaufstellung war nach meinem Empfinden etwas seltsam gewählt. Im ersten Startblock standen die Läufer M35. Dahinter die Läuferinnen W35 und W40. Danach die M40 und dahinter wieder die W45 und W50. Und dann kam mein Startblock M45.

Diese Aufstellung führte auf dem ersten Kilometer bergauf zu einem ziemlichen Gedränge. Aber ein Berglauf wird definitiv nicht auf dem ersten Kilometer entschieden! Das war sehr schnell klar. Nach 1,5 Kilometern hatte ich mich endlich freigelaufen und musste jetzt aufpassen, mir meine Kräfte richtig einzuteilen. Nicht die Geschwindigkeit zählt, sondern eher der Puls und das Gefühl. Auf den ersten drei Kilometern mussten etwa 350 Höhenmeter überwunden werden. Nicht etwa auf glattem Asphalt, sondern auf sehr steinigen Bergwegen, durch Wälder und natürlich über Wiesen. Halt ein echter Trail.

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Die Beschilderung der Strecke war zum Glück hervorragend. Schnell hatte sich eine Gruppe von vier Läufern mit mir gebildet, die annähernd das gleiche Tempo bergauf laufen konnten. Bei Kilometer vier standen dann meine Betreuer. Insgesamt hatte ich mich unter die ersten 25 Läufer vorgearbeitet. In der Altersklasse M45 lag ich auf Platz vier. Von den deutschen Teilnehmern war ich zu dem Zeitpunkt der Zweitschnellste. Aber es lagen auch noch gut 6,5 Kilometern vor mir. Die nächsten 330 Höhenmeter mussten bis Kilometer 9,5 erklommen werden. Ich konnte ein gutes Tempo laufen, wurde zwar kurzfristig mal von Läufern überholt, konnte aber selber auch Läufer überholen und hinter mir lassen. Etwas schmerzte es mich, als bei Kilometer 8 ein französischer Läufer meiner Altersklasse an mir vorbeilief. Den Abstand zu diesem Läufer konnte ich lediglich klein halten, denn die herausforderndste Steigung sollte ja zum Schluss kommen.

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Auf den letzten 1,3 Kilometern ging es nun die angekündigte Skipiste hoch. 150 Höhenmeter. Bei Kilometer 9 sammelte mich ein anderer deutscher Läufer aus der M40 ein und zog mich in seinem Windschatten noch einmal mit. Und dann kam der Augenblick, an dem bei einigen Abschnitten das erste Mal nicht mehr an laufen zu denken war. Bei dem zügigen Bergaufgehen konnte ich dennoch einige Läufer überholen und den Abstand zu dem Franzosen meiner Altersklasse verringern. Auf den letzten 400 Metern probierte ich noch einen Angriff auf Platz vier, der leider knapp scheiterte. Mit sechs Sekunden Rückstand kam ich in meiner Altersklasse mit einer Zeit von 54:55 Minuten auf Platz 5. Insgesamt bedeutete das den 24. Platz und drittbester Deutscher bei diesem Wettkampf. Damit konnte ich als Norddeutscher einige sehr erfolgreiche Bergläufer beeindrucken. Mit der Mannschaft, die aus zwei heruntergemeldeten Läufern der M50 bestand, reichte es sogar zur Bronzemedaille.

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Insgesamt konnten die deutschen Läufer in vielen Altersklassen das Treppchen bis ganz nach oben erklimmen. Ein durchweg erfolgreicher Auftritt der DLV Athleten.

Die Veranstaltung war absolut professionell und gut organisiert. Neben diversen Präsenten der Region, gab es noch ein Lauftrikot für die Teilnehmer. Im Zielbereich wurden Erfrischungsgetränke sowie Käse, Baguette und Kuchen gereicht.

Mit der Bronzemedaille und vielen netten neuen Kontakten ging es dann nach einer erholsamen Nacht zurück ins norddeutsche Tiefland. Der nächste Berglauf kann kommen…

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